Livia Tresch: Von der dunklen Kindheit zur Zeugin in der Zürcher Schwulen- und Lesbenszene
In den 1960er und 1970er Jahren fand sich Livia Tresch in der Homosexuellenszene in Zürich wieder. Als uneheliches Kind, Pflegekind und Lesbe war ihre Kindheit von Dunkelheit geprägt. Doch in dieser Gemeinschaft, die als Parallelwelt galt, fand sie ihren Platz und wurde zur Zeugin der damaligen Gemeinschaft.
! [Fotografin Livia Tresch](https://www.swissinfo.ch/content/wp-content/uploads/sites/13/2023/09/f298fba9a146b3c2e8d1e9fa07780908-liva-tresch -klaus-petrus-4866-data.jpg) *Livia in ihrem Haus in Zürich. Fotografie von Klaus-Petrus*
Livias Geschichte verkörpert einen schwierigen Weg. Sie wuchs mit vielen Herausforderungen auf: Sie wurde zur Adoption freigegeben, wurde missbraucht und hatte mit ihrer Sexualität zu kämpfen und diese zu akzeptieren. Damals war Homosexualität gesellschaftlich inakzeptabel und galt als "stinkend, schmutzig, pervers und krank". Livia suchte sogar eine Psychotherapie auf, in der Hoffnung, "normal" zu werden. Schließlich lernte sie, sich so zu akzeptieren, wie sie war.
Der Wendepunkt für Livia kam, als sie zum ersten Mal einen Fuß in den schwul-lesbischen Club Blue Sky in Zürich setzte, wo sie eine völlig andere Welt entdeckte, eine Gemeinschaft des Verständnisses und der Akzeptanz. Dort entdeckte sie eine völlig andere Welt, eine Gemeinschaft des Verständnisses und der Akzeptanz. Sie war überrascht von der Höflichkeit und Körperlichkeit der schwulen Männer, die ganz anders war als ihre vorgefassten Vorstellungen davon, was ein Mann sein sollte. Diese Erfahrung war eine Offenbarung für sie und machte ihr klar, dass sie nicht allein war.
! [Barfüsser Fasnacht, Zürich](https://www.swissinfo.ch/content/wp-content/uploads/sites/13/2023/09/58ea037ecd22e44ec9985677d6e20f9a-liva_ tresch_insert-data.jpg) * Laute Stimmung, schrille Kleider, Zigaretten und Alkohol: Barfüsser, Zürich, 1963. Fotografien von Liva Tresch/Sozialarchiv.ch*
Livias Geschichte handelt nicht nur vom Leben der schwulen Gemeinschaft, sondern auch von der Reise eines Einzelnen auf der Suche nach seiner eigenen Identität. Ihre Erfahrungen spiegeln die Vorurteile und die Diskriminierung sexueller Minderheiten zu jener Zeit wider und zeigen, wie diese Gruppen inmitten der Unterdrückung Stärke und Solidarität fanden. Livia hat das Leben dieser Gemeinschaft durch ihre Fotografie dokumentiert, und ihre Arbeit ist zu einem wertvollen historischen Archiv geworden, das künftigen Generationen ein Fenster in die Vergangenheit öffnet.
Livias Geschichte zeigt uns, dass man selbst in den dunkelsten Momenten Licht und Hoffnung finden kann. Ihr Leben ist ein Zeugnis dafür, wie wichtig es ist, sich selbst zu akzeptieren, sich selbst zu lieben und den Mut zu haben, inmitten von Schwierigkeiten seinen eigenen Raum zu finden und zu schaffen. Livia Treschs Geschichte ist eine Geschichte des Überlebens, der Liebe und der Akzeptanz, die eine Inspiration und eine Offenbarung für alle Menschen ist, insbesondere für Angehörige sexueller Minderheiten.